Aus „Die Glocke“ vom 06.11.2001

Kirchengeschichte in der Zehntscheune VIII
Ein Kurfürst macht Station in Clarholz

Herzebrock-Clarholz (ug). Das Hofreisejournal, das der Zeremonienmeister von Schiller 1717 bis 1741 führte, gibt präzise Auskunft über die zeremoniellen Inszenierungen eines barocken Kirchenfürsten, erörtert am Beispiel des Fürstbischofs und Kurfürsten Clemens August aus dem Jause Wittelsbach. Er herrschte seinerzeit nicht nur über das Stammbistum Köln, sondern auch über die geistlichen Territorien Münster, Paderborn, Osnabrück und Hildesheim. In diesem Tagebuch blättert Prof. Dr. Barbara Stollberg-Rilinger vor den Zuhörern des nunmehr dritten Vortrags in der Reihe „Kirchengeschichte in der Zehntscheune VIII“ in Clarholz.

Die Referentin stellt der Deutung des Reisetagebuches die Biografie des mächtigen Kirchenfürsten voran, der schon mit 16 Jahren seine vorbestimmte geistliche Laufbahn begann. An seinem Hof wurde ein Zeremoniell gepflegt, wie man es aus dem Geist unserer Zeit eher belächeln mag.

Gleichwohl bildet es den Schlüssel zum Verständnis der Machtverhältnisse im frühen 18. Jahrhundert, als es den Potentanten darum ging, sich bei jeder Gelegenheit – bei der Audienz, auf Reisen, auf der Jagd, in der Prozession – selbst darzustellen. Die „Show“ war in jener Zeit unerlässliche Voraussetzung für den Respekt, den man von Untertanen verlangte, oder mit der man Gleichgestellte beeindrucken wollte. Der führte oft zu beträchtlichem Aufwand, wenn der Kurfürst zum Beispiel für einen einzigen Jagdausflug 1565 Pferde einsetzte. Wenn der Preußenkönig Friedrich der Große die Hofhaltung und Person des geistlichen Fürsten in Köln auch verachtete, Clemens August hielt die Zügel in seinem Reich fest in der Hand. Er kümmerte sich auch auf den so genannten Landtagen, die letztlich nur der Steuereintreibung dienten, nicht um das einfache Volk.

Prof. Stollberg-Rilinger schilderte an Hand des Journals einen Landesfürsten, der sich eine ähnliche Verehrung wie die der göttlichen Majestät beanspruchte und die Kultur der politischen und religiösen Inszenierung vortrefflich verstand.

Auf einer Reise nach Paderborn hat der Kurfürst 1720 nachweislich auch in Clarholz Station gemacht. Nur leider verschweigen die Quellen nähere Einzelheiten über Art und Dauer dieses wahrhaftig hochherrschaftlichen Besuches.