Thomas Becket auf Clarholzer Reliquiar
Herzebrock-Clarholz (das). „Thomas Becket ist ein spannender Heiliger“, meint Dr. Hans-Walter Stork. Die komplette Vita des Lordkanzlers, Erzbischofs von Canterbury und Märtyrers sei unmöglich in 90 Minuten zu schildern. Und doch gelang dem Kunsthistoriker und Lehrbeauftragten im Rahmen der Vortragsreihe „Kirchengeschichte in der Zehntscheune“ ein detaillierter Einblick in das Leben des Heiligen, dessen die Katholische Kirche am 29. Dezember gedenkt.
„Das Thema hat Bezug zu Clarholz“, wandte Dr. Stork den Blick auf ein im Hochaltar der Pfarrkirche St. Laurentius befindliches Reliquienkästchen. „Es ist besonders schön erhalten und klar in seinem Erzählverhalten.“ Auf der Vorderseite ist der Mord am Erzbischof Thomas Becket vor dem Altar der Kathedrale von Canterbury dargestellt.
Dr. Walter Stork entwarf ein spannendes Bild des 1118 geborenen Becket. Durch Erzbischof Theobald von Canterbury zum Priester geweiht und wenig später zum Archidiakon ernannt, wird Becket 1155 zum Kanzler unter Heinrich II. berufen. Sieben Jahre später bestimmte der König Thomas Becket zum Erzbischof von Canterbury. Nach einem ausschweifenden Lebenswandel als Kanzler stellte sich Becket seiner neuen Aufgabe mit aller Konsequenz: Er verteilte seine Einkünfte unter den Armen, führte ein asketisches Leben.
Von seinem ehemaligen Freund, dem König, wurde Becket mit Prozessen überzogen, 1164 floh er nach Frankreich. Von dort aus führte er seinen Kampf für die Freiheit der Kirche weiter. 1170 kehrte er nach England zurück und wurde von vier Soldaten des Königs vor dem Altar der Kathedrale von Canterbury ermordet, indem sie ihm die Schädeldecke abschlugen. Bereits vier Jahre später wurde Thomas Becket heilig gesprochen. Die kultische Verehrung des Erzbischofs setzte sofort nach seiner Ermordung ein, so Dr. Hans-Walter Stork. Außer dem Clarholzer Reliquienkästchen zeugen noch weitere 41 in Europa von der Bedeutung Beckets für die Kirche. Auf ihnen gründet die historische Überlieferung, denn Heinrich VIII. ließ im Jahr 1538 nicht nur den kostbaren Thomas-Schrein zerstören, sondern ordnete ein Vernichtungsgeheiß der Thomas-Verehrung an.
Im Rahmen der anschließenden Diskussion stellte sich die Frage, wie das Reliquienkästchen nach Clarholz gekommen sei. „Darüber ist so gut wie nichts bekannt“, bedauerte Dr. Hans-Walter Stork. Erstmals Erwähnung findet es in den Schriften aus dem Jahr 1879. Ein Lösungsweg sei über ein zweites Prämonstratenserkloster bei Düren zu suchen. „Es wäre möglich, dass es von dort kommt.“ Clarholz nehme also noch einen ungeklärten Platz in der kultischen Verehrung Thomas Beckets ein.