Aus „Die Glocke“ vom 12.05.2005

Hedwig Voss: Triumph im heimischen Umfeld

Herzebrock-Clarholz (gl). Barock ist in diesem Jahr das Thema im Freundeskreis Propstei Clarholz, und dementsprechend bot denn auch die erste Kulturveranstaltung am Dienstagabend im stilvollen Ambiente des Kapitelsaals Lieder und Kantaten aus dieser Zeit.

Der anspruchsvolle Konzertabend gab Hedwig Voss alle Möglichkeiten, sich in der Perfektion gereifter Gesangskunst darzustellen. Das Kammerkonzert wurde für sie, um es vorweg zu nehmen, zu einem einzigartigen persönlichen Triumph im heimischen Umfeld.

Vor genau zehn Jahren hatte sich die junge Anfängerin erstmals im Solokonzert auf Schloss Vornholz dem Publikum gestellt, ehe die aus der Letter Familie Westhoff-Düppmann stammende Künstlerin den Weg in die Welt der Musik antrat. Was jenes Debüt versprach, hat Hedwig Voss in den Jahren der Ausbildung und internationalen Konzerttätigkeit mit renommierten Vokalensembles zur Vollendung geführt. Das bewies sie mit ihrem Programm, in dem fast ausschließlich Lieder italienischer Barockkomponisten erklangen – bald mit hierzulande weniger geläufigen Namen, bald von Großmeistern wie Caccini, Frescobaldi, Monteverdi.

Da leuchtete in vereinfachten Melodien oder vielfältigen Verzierungen die prägende Kraft der Natürlichkeit des barocken Stils, dessen Monodie Hedwig Voss im durchgehend italienischen Sprechgesang mit wohl gesetzter Pointierung und hinreißender Virtuosität zu formen wusste. Als Liedgestalterin stellte sie sich in weit ausschwingender, blühender Kantilene immer wieder den Herausforderungen des Programms. Melodische Anmut und temperamentvolle Leichtigkeit mischten sich in ihren „con affetto“ vorgetragenen Liedern zu nachwirkenden Eindrücken, die Alte Musik wieder nachvollziehbar machten. Bald bezauberte sie durch sanftes Legato, bald brillierte sie in glasklar perlenden Koloraturenketten, entzückte die Hörer durch Spiegelung unterschiedlichster Empfindungen oder burschikosen Liedvortrag.

Das Filigran von Giulio Caccinis „Dall port‘ oriente“ klingt dabei ebenso nach wie das ariose „Bella Clori“ von P. A. Cesti, vor allem aber das bewegende Schlaflied von Tarquinio Merula, das die Künstlerin zuvor auf Deutsch rezitiert hatte. In Monteverdis „Zefiro torna“ schließlich bündelte sie all ihr Können zu einem künstlerischen Tableau von beeindruckender Vielgestaltigkeit in Ausdruck und Erfüllung.

Mit Lucius Rühl war ihr ein einfühlsamer Begleiter an die Seite gestellt: ein Duo, das vorzüglich aufeinander eingespielt war. Sein Cembalopart erfuhr insbesondere in den beiden Solopartien durch die niveauvolle Spielkultur des Künstlers, der zum besseren Verständnis zuvor noch dem Publikum in wohlgesetzten Worten die Eigenheiten barocker Kompositionstechnik erläutert hatte, feinnervig und mit leichter Hand eine eigenständige Vertiefung.

Herzlicher Beifall dankte beiden Künstlern, die sich ihrerseits und nunmehr auf Deutsch mit einer Vertonung eines Martin-Optiz-Nachtgedichtes revanchierten. Einleitend hatte Gottfried Pavenstädt für den Freundeskreis Propstei Clarholz Grußworte und ein besonderes Willkommen „unserer“ Hedwig Voss entboten. Die aber durfte sich schließlich über prächtige Blumensträuße vom Veranstalter und ihren ehemaligen Lehrern vom Thomas-Morus-Gymnasium Oelde freuen.