Barock im Kreis Gütersloh ist kein Widerspruch
Herzebrock-Clarholz (das). Barock im Kreis Gütersloh: „Meine Studenten sagten, das sei ein Widerspruch in sich“, munterte Professor Dr. Wemer Freitag den Historiker Manfred Beine auf, die Besucher vom Gegenteil zu überzeugen. Und dem Rietberger Stadthistoriker gelang es, den Blick der Besucher zu schärfen.
Zwar nicht für eine Fülle barocker Bauten, aber immerhin: Trotz einer „eklatant fehlenden Menge“, so Manfred Beine, zeigt sich im Kreis doch einiges, was dem Barocken zuzuordnen ist. Auch wenn es sich manchmal im kleinen Detail und nicht im großen Stil offenbart.
Für die Reihe „Kultur im Kapitelsaal“ stellte Manfred Beine eine Auswahl von rund 250 Lichtbildern zusammen, die den Focus auf Bauten zwischen 1600 und 1800 richteten. Die Auswahl erhob keinen Anspruch auf Vollständigkeit, widmete sich im Schwerpunkt den Kirchbauten. „Es gibt auch kaum Bürgerhäuser, die sich dem Barocken zuordnen lassen“, so Manfred Beine, der vom Vorsitzenden des Freundeskreises Propstei, Professor Dr. Werner Freitag, begrüßt worden war. „Er ist derjenige, der sich mit Kunst und Kultur sehr gut auskennt“, fasste er die Vorstellung des Referenten zusammen.
Ansichten, Eindrücke, Vielfalt: Das wollte Manfred Beine vermitteln. „Sie sollen etwas sehen“, lud er zum Gang durch den Kreis ein. Abgesehen von Baumeister Schlaun, habe der Kreis wenig Prominenz in Sachen Bauarchitektur zu bieten, bedauerte Beine. Er spannte den Bogen vom Gut Patthorst zwischen Steinhagen und Brockhagen, „ein echtes Kleinod“, bis hin zum Schloss Rheda, das durch verschiedene Anbauten teils Barock vorweist. Stationen der Lichtbilderreise waren unter anderem die Kirche in St. Vit, Schloss Holte, die Johannes-Kapelle Rietberg, Schloss Tatenhausen, Haus Brinke in Borgholzhausen, Nepomucenum Rietberg, Amtshaus Reckenberg und vieles mehr. Immer wieder griff er – naturgemäß als Marienfelder – auf das Marienfelder Kloster zurück, das im Kreisgebiet sowohl vom Bau her als auch von der Ausstattung sicherlich einzigartig viel Barockes aufweist. Doch auch anhand der Entwicklungen um das Schloss Rietberg, kurz nach 1800 abgebrochen, ließ er Geschichte lebendig werden: Er richtete den Blick der Gäste auch auf manches Detail: Ein Hochaltar aus dem Jahr 1629 in der Franziskanerkirche Rietberg, die teils barocke Ausstattung der Greffener Pfarrkirche.
Und auch Herzebrock-Clarholz ist nicht frei von Barock: Ausgehend vom Bau der Clarholzer Propstei vor 300 Jahren, fand sich Manfred Beine schon im Veranstaltungsraum des Kapitelsaals im Barock wieder. „Das allein ist ja schon barock.“ Die Madonna in der Laurentius-Kirche, das Vesperbild, das Herzebrocker Pfarrhaus, die Treppe zur Ausstellung des Heimatvereins Herzebrock, ein Turmgeschoss der Pfarrkirche St. Christina von 1705, das 1712 errichtete Torhaus, und – wie eine Besucherin später hinwies – auch die Kapelle am Altenheim. Damit ist auch die Herzebrock-Clarholzer barocke Baureihe noch nicht komplett. Unter anderem zählt auch das Schloss Möhler dazu, welches eine „schlichte, barocke Bauweise“ zeigt. „Vielleicht hilft es Ihnen, auch den Stellenwert der eigenen Dinge vor Ort einzuordnen“, freute sich Manfred Beine abschließend dem „barockarmen“ Kreis Gütersloh doch Einiges abgewonnen zu haben.