Aus „Die Glocke“ vom 15.10.2008

„Konzert in Clarholzer Pfarrkirche“

Orgelmusik aus Lateinamerika in St. Laurentius

Herzebrock-Clarholz (ja). „Musik hat Brücken gebaut zwischen Menschen unterschiedlicher Kulturen.“ Darauf ist Professor Johannes Meier zu Beginn eines außergewöhnlichen Orgelkonzerts in der Clarholzer Pfarrkirche St. Laurentius am Sonntagabend eingegangen.

Der Organist und Kirchenmusiker Wolfgang Lindner interpretierte an der Siegfried-Sauer-Orgel barocke Orgelmusik aus dem Jahr 1743 aus Jesuitenmissionen in Bolivien sowie Uraufführungen eigener Kompositionen. „Sones de organo“ ließ Register der Orgel erklingen, die man eher selten hört. So spielten die labialen Holzpfeifen eine wesentliche Rolle, zogen sich wie Vogellaute nachahmende Flötenklänge mal ruhig und verhalten bis beinahe tänzerisch und fröhlich in unglaublichen Höhenlagen durch die barocke Tonalität der insgesamt 30 Stücke, die in sieben „Tono“ überschriebenen Gruppen zusammengefasst waren und von einem Glöckchen umrahmt wurden.

Sie stammen aus der Handschrift des vielseitig begabten Schweizer Missionars Martin Schmidt SJ (1694-1772) und wurden erst vor einigen Jahren auf dem Dachboden der ehemaligen Missionskirche San Rafael de Chiquitos in Bolivien entdeckt. Für ihre Missionsaktivitäten führten die Jesuiten immer Musikinstrumente mit sich, die die Neugier der einheimischen Menschen weckten, Berührungsängste nahmen und ihrer Musikbegeisterung entgegenkamen, so Johannes Meier. Es entstanden Chöre und Orchester. Mangels Nachschub aus Europa wurden Musikinstrumente nachgebaut und eigene, meist anonyme Partituren verfasst, die sowohl europäischen Vorbildern folgten als auch indianisch inspiriert waren. Wolfgang Lindner ist unter anderem seit 2002 regelmäßig für mehrere Monate in der Region Cuzco/Peru, um im Auftrag der Unesco ein Inventarverzeichnis kolonialer Orgeln zu erstellen. Seine Virtuosität als Orgelspieler und Kirchenmusiker ließ er auch im zweiten Konzertteil hören, in dem eigene Kompositionen zur Uraufführung kamen, die einen kulturellen und epochalen Schritt vom kolonialen Barock zur flämisch-französisch geprägten Moderne machten. Der Applaus der Zuhörer wurde mit einer Zugabe belohnt, für die Wolfgang Lindner ein „wunderschön klingendes“ Flötenstück von Carl Philipp Emanuel Bach von einer mechanischen Walze auf die Orgel übertragen hat.

Vikar Thomas Kubsa hatte in seiner Einleitung zu dem vom Freundeskreis Propstei Clarholz veranstalteten Orgelkonzert den Zuhörern einen Konzertgenuss der besonderen Art versprochen. Diese trotzten der Kälte in der Kirche und gaben ihm am Ende Recht.