Aus „Die Glocke“ vom 17. Mai 2007

Warum man „a cappella“ sagt

Herzebrock-Clarholz (ug). Dr. Jörg Bölling hat am Dienstagabend im Rahmen der Reihe „Kultur im Kapitelsaal“ seine Zuhörer in die Klangwelt geistlicher Musik des 16. Jahrhunderts geführt. Dabei blieben seine Erörterungen nicht im Theoretischen befangen, sondern wurden durch eindrucksvolle Musikwiedergaben veranschaulicht.

Der aus Billerbeck stammende Musikhistoriker vom Graduiertenkolleg Münster hatte sich in seinem Studium eingehend mit der Papstzeremonie der Renaissance befasst. Daraus resultierte sein Vortrag, der die Zuhörer zunächst, von Lichtbildern begleitet, in die Sixtinische Kapelle des Vatikans führte.

Dort skizzierte Bölling die strenge Hierarchie der Platzierung vom Papstthron über höhere und niedere Geistlichkeit bis zu den weltlichen Würdenträgern, an deren Rand denn auch Platz war für die drei nur aus männlichen Stimmen bestehenden Chöre. Sie traten als musikalische Einheit auf, sangen bei päpstlicher Anwesenheit ohne Begleitung, so dass sich aus diesen Auftritten der bis heute übliche Fachbegriff „a cappella“ entwickeln konnte.

Der Wissenschaftler wies darauf hin, dass die vorgegebenen Klang- und Raumbedürfnisse der Sixtinischen Kapelle architektonisch genau auch auf Bauten außerhalb Roms, zum Beispiel in Bologna, übertragen wurden. Als zweites instruktives Beispiel präsentierte Bölling den Dom San Marco in Venedig als Heimstatt des Dogen mit eigener Sängerempore. Er skizzierte die weitere, insbesondere von Claudio Monteverdi beeinflusste Entwicklung der Renaissancemusik, die über die Motette und das frühe Concerto grosso zunehmend auch weltliche Züge gewann.

Nach einer regen Diskussion, die Teilaspekte des Vortrags noch weiter vertiefte, dankte Professor Dr. Werner Freitag für den Freundeskreis Propstei Clarholz dem Musikwissenschaftler für die kompakte Darstellung komplizierter Befunde und Entwicklungen.