Aus „Die Glocke“ vom 24.10.2005

Klöster und Stifte unserer Region

Herzebrock-Clarholz (ug). An der oberen Ems, in der Grafschaft Rietberg und im südöstlichen Münsterland stand klösterliches Leben – wirtschaftlich, sozial und geistlich – um 1750 in voller Blüte. Diese Situation haben fünf ausgewiesene Historiker auf einem ganztägigen Kolloquium, zu dem Professor Dr. Werner Freitag am Samstag in der Clarholzer Zehntscheune zahlreiche interessierte Zuhörer begrüßen konnte, beleuchtet.

Mit einem Lichtbildervortrag hatte zuvor der Kunsthistoriker Dr. Roland Pieper Klöster und Stifte Westfalens im Zeitalter des Barocks vorgestellt und damit die Grundlage der nachfolgenden Erörterungen geschaffen. Durchaus kritisch setzte sich der Rietberger Stadtarchivar Manfred Beine mit den Marienfelder Zisterziensern auseinander. Sie hatten nach seinen Darstellungen nicht nur die brutale Zerteilung des spätgotischen Koerbecke-Altares, sondern auch nachfolgende bauliche Sünden zu verantworten, die der einst stilreinen spätgotischen Klosterkirche angetan wurden.

Gegenüber den wohlhabenden Zisterziensern waren die Franziskaner in Rietberg und Wiedenbrück als Bettelorden eher arme Leute. Welche Spuren die Patres gleichwohl in ihrem schulischen und seelsorgerischen Wirken in den beiden Orten und ihrer Umgebung hinterlassen haben, zeichnete Professor Dr. Erwin Hanschmidt nach. Dabei verwies er auch auf die Zuständigkeit der Ordensleute für die Wiedenbrücker Wallfahrt und die Gründer katholischen Kirchengemeinde Rheda. Das Wirken der Jesuiten auf Haus Geist bei Oelde, das dem Orden 1651 auf dem Erbwege vom Edelherren Moritz von Büren zugefallen war, beleuchtete Archivar Wilhelm M. Schneider. Die Jesuiten haben nach seinen Darstellungen dort jeweils 15 bis 20 Scholastiker und Tertiarer als Ordensnachwuchs herangezogen sowie als Seelsorger in der Umgebung gewirkt, eine Brauerei und eine Apotheke gegründet.

Der Warendorfer Oberstudiendirektor i. R. Klaus Gruhn stellte das freiweltliche Damenstift Freckenhorst vor und zog von der Gründung im Jahre 851 bis ins 18. Jahrhundert einen weiten zeitlichen Bogen. Dabei würdigte er im Einzelnen das Wirken der Äbtissinnen Hedwig Gertrud von Korff, Clara Francisca von Westerholt und Francisca Lucia von Korff. Sie hatten in ihren jeweils drei bis vier Jahrzehnten dauernden Amtsperioden verschiedene Ämter und Anforderungen zu meistern und damit auch gebührenden Anteil an der Ausprägung religiösen Lebens im Stift.

Einen anschaulichen Einblick in Strukturen und Wahlverfahren der Stiftungen am Beispiel des Kollegiatstiftes St. Stephanus in Beckum ermöglichte Dr. Jörg Wunschhofer. Prof. Dr. Werner Freitag dankte den Referenten, an deren Vorträge sich lebhafte Diskussionen anschlossen, mit Buchpräsenten. Er gab den Teilnehmern in einer Seminarpause Gelegenheit, sich über den Fortschritt der Umbau- und Restaurierungsarbeiten für das kommende Museum im Seitenflügel der Propstei zu informieren.