Ein Kammerkonzert allererster Güte
Herzebrock-Clarholz (ja). Musik als eine Form der Unterhaltung wurde von den Pröpsten des Prämonstratenserklosters in Clarholz gepflegt und prägte das kulturelle und geistige Klosterleben mit bis zur Säkularisation vor 200 Jahren, erinnert Prof. Dr. Johannes Meier, erster Vorsitzender des Freundeskreises Propstei, mit einem Zitat des Patensohnes des letzten Propstes, Jodokus Temme. Damit leitete er am Mittwochabend ein Kammerkonzert allererster Güte des „Trio d’anches“ aus Köln ein. Der Kapitelsaal der barocken, ehemaligen Propstei Clarholz bot den historisch stimmungsvollen Rahmen. „Ins Deutsche übersetzt sind wir ein Rohblatt-Trio“, erläuterte Oboist Georg Bongartz. 1989 hat er das Trio, bestehend aus der Kombination Oboe, Klarinette und Fagott, in Köln gegründet.
Georg Bongartz, Selucuk Sahinoglu (Klarinette) und Martin Kevenhörster (Fagott) wählen für ihr Repertoire bläsergerecht geschriebene Kompositionen, die sie für ihre Instrumente umarrangieren. Viele der Kompositionen stammen aus dem späten 19. Jahrhundert, der Zeit in der sich die französische Erfindung „Trio d’anches“ als eigenständige Gruppierung und Gegenbewegung zur romantischen Strömung in der Kammermusik etablierte. Triokompositionen des 17. und 18. Jahrhunderts ergänzen das Repertoire des Kölner Trios, das bei zahlreichen Konzerten im In- und Ausland dem Publikum die für ihre Besetzung typische und abwechslungsreiche Klangkultur vorführt.
Für das Konzert im Kapitelsaal hatten sie ein Programm „von Mozart bis Schulhoff“ zusammengestellt. Dem „Divertimento aus KV 439 b“ von Wolfgang Amadeus Mozart schlossen sich Variationen über „Reich mir die Hand mein Leben“ aus der Mozart-Oper „Don Giovanni“ an, ursprünglich geschrieben von Ludwig van Beethoven als Auftragskomposition für zwei Oboen und Englischhorn. Bei den acht Variationen wurde hörbar, wie die drei Instrumente beim Zusammenspiel aufeinander eingingen, sich bei einer beschwingteren Variante gegenseitig antworteten und die in der Regel bei der Oboe liegende Führung wechselten. Bei den „Cinq pièces en trio“ von Jaques Ibert (1890-1962) dominierte die Melodik. Technisch besonders anspruchsvoll war das „Londoner Trio Nr. 3 G-Dur“ von Joseph Haydn. Im Original für zwei Querflöten und Cello geschrieben, stellte es hohe Anforderungen an den Klarinettisten. Selucuk Sahinoglu meisterte die hohen Töne mit Bravour.
Ein Komponist, der zur radikalen Avantgarde zählte, Strömungen des Impressionismus, Expressionismus, Neoklassizismus, Dadaismus und Jazzelemente aufgriff, war der Tscheche Erwin Schulhoff (1894-1942), wie Georg Bongartz erläuterte. Sein „Divertissement für Trio d’anches“ hat die Form einer barocken Suite, in der jüngere Musikelemente wie Charleston oder Jazz eingefügt sind. Das Publikum im vollbesetzten Kapitelsaal, darunter auch Hausherr Maximilian Prinz zu Bentheim Tecklenburg mit Frau Marissa, spendeten begeisterten Applaus und wurde mit Zugabe belohnt.
Das Konzert des „Trio d’anches“ war der musikalische Höhepunkt der Reihe „Kultur im Kapitelsaal“, initiiert vor sechs Jahren vom Freundeskreis Propstei Clarholz. Für die hochwertige Interpretenauswahl zeichnet Sophie Westhoff-Düppmann verantwortlich. An Interessenten für Konzertgestaltungen in Clarholz mangelt es nicht, freut sie sich. Dabei legt sie Wert auf Qualität und Abwechslung. Vormerken kann man sich bereits das Konzert mit Werken des Prämonstratenserkomponisten Nikolaus Betscher (1745-1811), das im Rahmen der „geistlichenMusik“ am 23. November in der Stiftskirche St. Laurentius, Clarholz, geben wird.